Was ist Forumtheater?

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Geschichte des Forumtheaters


Forumtheater ist eine Form des Theaters der Unterdrückten und wurde von dem einflussreichen, brasilianischen Theatermacher Augusto Boal in den 1970er Jahren entwickelt. Neben weiteren Formen des Volkstheaters sah Boal darin die notwendige Antwort auf das repressive Regime Lateinamerikas, um Menschen zu ermächtigen, sich aus ihrer passiven Haltung und politischen Ohnmacht zu befreien.

Boal selbst erfuhr während der Militärdiktatur in Brasilien Unterdrückung am eigenen Leib und lebte daraufhin im Exil in Buenos Aires, Lissabon und Europa. Seine Methoden eines „Theaters der Befreiung“ sind nicht nur in Südamerika, sondern auch in Westeuropa bis heute von großer Bedeutung.

„Der Zuschauer befreit sich: Er denkt und handelt selbst. Theater ist Aktion.“ (Augusto Boal)

Warum Forumtheater?


Migration, Klimawandel, Corona und Probleme der Konsumgesellschaft lassen die Gesellschaft auseinanderdriften. Es entstehen Communities, Randgruppen und Konfliktparteien, die sich kritisch gegenüberstehen und den Kontakt zueinander verlieren.

Forumtheater bietet eine neutrale Plattform, auf der Menschen unterschiedlicher sozio-kultureller Hintergründe nicht nur miteinander ins Gespräch kommen, sondern durch die realitätsnahe Darstellung und die interaktive Erfahrung gegenseitiges Verständnis füreinander aufbauen. Ziele des Forumtheaters:

  • Förderung von Dialog
  • Lösungsorientierung
  • gemeinsame Erforschung der Handlungsfähigkeit
  • Empowerment
  • Selbstwirksamkeit



Wie funktioniert Forumtheater?


Forumtheater ist eine kreative Theaterform, die Schauspielende und Zuschauende gleichermaßen einbezieht.
Es werden konfliktreiche Szenen präsentiert, die realitätsnah und dadurch für das Publikum leicht nachvollziehbar sind. Die Besonderheit: Die Szenen können verändert werden.
Auf der Suche nach Lösungen für die jeweilige Unterdrückungsszene werden aus den Zuschauenden wichtige Akteur:innen, die ihre Ideen direkt ausprobieren können.
Kunst und Alltag werden in dieser ästhetischen Erfahrung spielerisch miteinander verknüpft.
Was auf der Bühne mit Kopf, Herz und Hand erlebbar wird, lässt sich später auf die Realität übertragen.

„Theater ist die Kunst, uns selbst zu betrachten... Und Theater kann uns dabei helfen, unsere Zukunft zu gestalten, anstatt nur auf sie zu warten.“ (Augusto Boal)

Wie läuft eine Aufführung ab?


Ein:e Moderator:in bereitet das Publikum zunächst mit einem Warm-up aufs Mitwirken vor. Hemmungen werden abgebaut. Es wächst der Mut zur Aktion.

Dann zeigt das Ensemble eine Konfliktszene auf der Bühne, in der Macht - und Unterdrückungs- Dynamiken sichtbar werden. Die Szene läuft auf eine Krise hinaus und endet in einer dramatischen Situation, in der sich mindestens eine Person an die Wand gestellt fühlt, was im Publikum den Wunsch nach Veränderung weckt.

Nach der Aufführung folgt die Forumphase. Hier sind die Zuschauenden gefragt: Was ist das Problem? Was soll sich ändern? Wie könnte eine Lösung aussehen? Sie werden durch den/ die Moderator:in dazu eingeladen, sich über Handlungsmöglichkeiten auszutauschen.

Entlassen aus ihrer passiven Rolle können die Zuschauenden im nächsten Schritt selbst als Schauspielende in das Geschehen eingreifen. Sie werden damit zu „Zuschauspielenden“, die mit dem restlichen Bühnenensemble eine Szene aufgreifen und dort ihre Idee zeigen.

Es beginnt die spannende Suche nach Lösungen und Handlungsalternativen, um den vermeintlich verfestigten Konflikt zu einem besseren Ausgang zu bringen.




Die Rolle der Zuschauenden


Da das Forumtheater von den Impulsen und Ideen des Publikums lebt, ist die Rolle der Zuschauenden von zentraler Bedeutung: Befreit aus ihrer passiven Konsumentenhaltung werden sie zu Protagonist:innen der Handlung, die Einfluss auf den Ausgang der Bühnenszene nehmen können.

Sie erhalten die zwanglose Gelegenheit, mitzuentscheiden, wie die dramatische Szene verändert werden kann. Gemeinsam diskutieren sie, handeln Lösungsansätze aus und probieren ihre Handlungsimpulse direkt auf der Bühne aus.

Anschließend wird reflektiert: Ist die Unterdrückung aufgehoben? Wie fühlte sich die Situation an? Sind auch andere Sichtweisen nachvollziehbar? Was kann ich tun, um meinen Teil zur Lösung im Alltag beizutragen?

Am Ende steht die gemeinsame Erfahrung, die Welt in einem völlig neuen Blickwinkel betrachtet zu haben.

Ein Patentrezept gibt es nicht. Lösungen sind so vielfältig wie Menschen. Und sie haben das Potenzial, die Wirklichkeit zu verändern.




Gemeinsam Lernen im Forumtheater


„Das Theater der Unterdrückten ist immer Dialog: Wir lehren und lernen.“ (Augusto Boal)

Forumtheater beschäftigt sich nicht nur mit der Vergangenheit, sondern vor allem mit der Zukunft und ihren Möglichkeiten. Die Aktivierung der Zuschauenden greift dort, wo die herkömmliche Unterrichtspraxis an ihre Grenzen kommt: In der Überwindung von Klischees.

Wer sich aus vorgegeben Rollen befreit, der ist auch imstande, sich im Alltag in ähnlichen Situationen entschlossen zu verhalten.

In allen sozialen Kontexten kann Forumtheater Impulse vermitteln.

Mit nachhaltigem Impact auf das zukünftige Handeln.